Evangelische Kirchengemeinde
Essen-Altstadt

Eine gelungene Premiere

Die Gedankenspiele zur Sehnsucht im »Hörort vor Tatort«

Rund 70 Neugierige an 16 gedeckten Tischen bildeten in der Kreuzeskirche am 14. April mehr als eine stattliche Kulisse. Sie waren mit ihrer spontanen Gesprächsbereitschaft ein unverzichtbarer Bestandteil des Gelingens. Die Büchner-Preisträgerin und kürzlich mit dem Berliner Literaturpreis geehrte Schriftstellerin Felicitas Hoppe gab einen ersten und eindrücklichen Impuls an die Tische, indem sie aus ihrem kleinen Büchlein zur Sehnsucht las: Lebe die Sehnsucht evtl. davon, niemals erfüllt werden zu können? So verstanden wäre sie eine unverzichtbare Energie der Lebendigkeit. Was habe es auf sich mit der Unterscheidung zwischen „gesättigten“ Sehnsüchten, die uns Werbung und Konsum versprechen, und jenen unstillbaren Sehnsüchten, die uns daran erinnern, sich nicht vorschnell und vordergründig mit zu wenig im Leben zufrieden zu geben; weder persönlich noch politisch.

Die Schauspielerin Sabine Osthoff aus dem aktuellen Essener Ensemble nahm die Anwesenden mit hinein in jene Kunst und Sehnsucht eine andere, ein anderer sein zu wollen; schloss ihren Impuls jedoch mit der Einladung, zu sich zu finden und zu stehen, mit all den Unperfektheiten.
Andy von Oppenkowski illustrierte am Flügel das Sehnsuchtspotential der Musik mit Stücken von Debussy, J. S. Bach und zum Ausklang mit einer feinen Fassung von „Over the rainbow“.

Nahezu alle Gäste im Alter von Mitte 20 bis 90 plus waren am Ende des Auftakts der Meinung: Diese Mischung aus Lesung und Impuls, spontanen Gesprächen und Resonanzen an gedeckten Tischen sei durchaus ungewohnt und zugleich anregend und lohnend. Sie kämen wieder! In Aussicht wurde gestellt, dass weitere Autoren*innen mit ihrem Nachdenken über die „großen Worte“ Kompromiss, Neugier, Hoffnung, Verantwortung, Freiheit, Toleranz u. v. m. im Blick seien und auf dem Programm stünden.

ULF STEIDEL