Traum und Wirklichkeit

Das Leben ist für uns Menschen so schnelllebig und ruhelos geworden, dass wir kaum noch Zeit für das Wesentliche finden.
Ängste, Verunsicherung, Isolation beherrschen unseren Alltag. Wir sehnen uns nach Ruhe und innerem Frieden. Der schwebende Klang des Kammerchores an der Auferstehungskirche, die Auswahl der so unterschiedlichen Chorliteratur in wechselnden Besetzungen mit den oft tröstenden Texten hat uns das geschenkt.
Es ist erstaunlich, wie es der Leiterin Stefanie Westerteicher wieder gelungen ist, trotz der bekannten Einschränkungen, ein solch anspruchsvolles Programm zu erstellen und durchzuführen. Es ist dem Ensemble gelungen, einen Spannungsbogen vom ersten bis zum letzten Ton zu schaffen. Und dies gerade im Hinblick auf die unterschiedlichsten Kompositionen: die bekannten Werke von Reger „Die Nacht ist kommen“ oder Rheinbergers „Bleib bei uns“ sowie das „Gute Nacht, ihr Wesen“ aus der Motette „Jesu, meine Freude“ von Bach bekamen ihren besonderen Stellenwert durch die Gegenüberstellung der zeitgenössischen Werke wie die Motetten von Porr, Wolf Whitacre und Esenvalds.
Alle Motetten verlangen ein gutes Zusammenspiel, Intonationsreinheit sowie eine Lebendigkeit zwischen Ton und Text zu schaffen. Dies war den 28 Sängerinnen und Sängern in professioneller Weise gelungen. Besonders zu erwähnen sei die Gestaltung im Piano, mit Dichte und Spannung getragen, hin zum Aufblühen des Crescendos. Unter die Haut ging an diesem Abend besonders das Werk von Eriks Esenvalds „Only in sleep“ mit der Solostimme von Edith Birckenstaedt gesungen: wie eine Wolke vom Kammerchor begleitet und getragen.
Ob Gebet, Traum oder Wirklichkeit, die so vielschichtige Musik sowie die gelesenen Texte des Abends hatten uns geholfen, die Gedanken zur Ruhe zu bringen.
Danke dem Kammerchor und Stefanie Westerteicher.

- Hans-Joachim Meyer-Pohrt 2021 -