Evangelische Kirchengemeinde
Essen-Altstadt

Seid brennend im Geist

Andacht

Liebe Gemeinde,
liebe Leserin, lieber Leser,

in dem Ringbuch für meine Predigten steckt seit einigen Jahren ein großes Streichholz, das mich an meine Aufgabe und an meine Grenze erinnern soll. Meine Aufgabe ist: Ich möchte für die Sache Jesu brennen und andere dafür begeistern! Und meine Grenze ist: Ich kann es allein nicht machen!

Denn ein Streichholz hat alles, was es braucht, um brennen zu können. Eine Schwefelspitze und Holz als Brennmaterial. Aber wenn man ein Streichholz zum Brennen bringen möchte, kann man stundenlang mit ihm reden und ihm gut zureden: „Sei brennend!“ – und nichts passiert. Ein Streichholz hat alles, aber ohne einen Funken brennt nichts. So ist das auch bei uns Menschen. Ein Mensch hat alles, was sie oder er braucht, um glauben zu können. Sie oder er hat Ohren, ein Herz und einen Verstand. Aber ich kann stundenlang predigen und sie oder ihn auffordern: „Sei glaubend!“ – und nichts passiert.
Ein Mensch hat alles, aber wenn der Funke fehlt, brennt nichts.

Dieser Funke ist der Heilige Geist. Nur er bringt das zum Brennen, was Gott in uns hineingelegt hat. Er weckt den Glauben und bewirkt, dass ein Mensch Feuer fängt und zu leuchten beginnt. Mein Streichholz erinnert mich an einen kurzen Satz, den der Apostel Paulus einmal an die Gemeinde in Rom geschrieben hat: „Seid brennend im Geist.“ (Röm 12,11). Für Paulus ist unser ganzes Leben ein Gottesdienst, wenn der Funke der Begeisterung auf uns überspringt und wir für die Botschaft Jesu Feuer und Flamme sind und dauerhaft dafür brennen. Darum gehört für mich zu meinem Streichholz immer noch ein anderer Vergleich. Jemand hat mal gesagt, der Heilige Geist ist wie eine Brille und hat die Aufgabe, unseren Blick zu schärfen, damit wir Jesus besser erkennen können.

Als ich vor über 50 Jahren als Schüler meine erste Brille bekam, erlebte ich dies sehr bewusst. Jeder Blick in den Spiegel zeigte mir, jetzt trage ich eine Brille. In der Schule konnte ich die Schrift an der Tafel wieder gut lesen. Eine Brille hilft uns, klar und deutlich sehen zu können. Genauso wie der Heilige Geist. Er hilft mir, zu erkennen, was für mein Leben wichtig ist. Darum kann ich auf ihn nicht verzichten. Deswegen schreibt Paulus: „Seid brennend im Geist.“ Er sagt nicht: „Flammt immer wieder mal auf in der Begeisterung für den Geist! Singt ihm Lieder, wenn ihr euch danach fühlt.

Dankt ihm, weil gerade Pfingsten ist!“ Sondern er sagt: „Sorgt dafür, dass das Feuer nicht ausgeht. Dass es beständig und dauerhaft brennt.“ Oder mit anderen Worten: Gib deine Sehhilfe im Glauben nicht ab! Behalte deine Brille auf, damit du brennend bleibst!

Liebe Gemeinde, wenn ich auf die 36 Jahre meines Dienstes als Pfarrer in unserer Altstadt-Gemeinde zurückblicke, kann ich nur voller Dankbarkeit sagen, meine Begeisterung und mein Feuer für die Sache Jesu ist immer wieder neu entfacht worden. Außerdem durfte ich erleben, wie immer wieder bei Menschen in unserer Gemeinde der Funke der Begeisterung übergesprungen ist, damit wir gemeinsam glaubwürdige Botschafter*innen der großartigen Liebe Gottes sein konnten. Beide beglückenden Erfahrungen sind für mich große Geschenke, die ich gerne mit in meinen Ruhestand nehme. In einem modernen Kirchenlied heißt es: „Die Sache Jesu braucht Begeisterte. Sein Geist sucht sie auch unter uns.“

Darum geht es, liebe Gemeinde, dass wir uns begeistern lassen vom Geist Gottes, um mutig und beherzt miteinander und füreinander Leben im Sinne Jesu zu teilen und zu gestalten. Wenn uns das glaubwürdig und einladend gelingt, dann wird dies auch immer Menschen begeistern, sich in unserer Gemeinde mit ihren Gaben und Fähigkeiten einzubringen. Ich wünsche Ihnen / Euch in „meiner Altstadt-Gemeinde“ von ganzem Herzen:

Möge Gottes Geist unter Euch lebendig und wirksam sein und bleiben mit viel frischem Wind und kreativer Energie.
Möge Gottes Geist Euch so berühren,
wie Ihr es jetzt braucht,
als sanfter Atem,
als belebender Wind,
als aufrüttelnder Sturm,
damit die Liebe Gottes in Euch und durch Euch lebendig wird.

Und der Segen unseres Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf Euch herab und bleibe bei Euch allezeit. Amen

In herzlicher Verbundenheit
Ihr Pfarrer Steffen Hunder