Evangelische Kirchengemeinde
Essen-Altstadt

Wir stehen auf…

gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, und für die Gleichbehandlung aller Menschen


Was am 09.10.2019 in Halle geschehen ist hat uns alle tief getroffen. Zwei Menschen wurden aus dem Leben gerissen. Zufällig gewählte Menschen, da sich der Täter keinen Zutritt zu der Synagoge verschaffen konnte.

Auch Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg haben manche Menschen in Deutschland nichts aus unserer Vergangenheit gelernt. Sie hetzen nach wir vor gegen Juden, Muslime und alle Menschen, welche nicht in ihr Wertesystem passen. Im Internet radikalisieren sie sich und wollen durch Attentate zu Märtyrern werden.

Am 10.10.2019 versammelten sich 300 Menschen, darunter auch Mitglieder unserer Gemeinde, auf dem Willy-Brandt-Platz, um gegen dieses menschenverachtende Denken aufzustehen. Bewegende Ansprachen wurden gehalten und in allen wurde deutlich zum Ausdruck gebracht:
Wir in Essen halten zusammen. Wir feiern unsere Unterschiedlichkeit und bei uns sind alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Sexualität oder Religion, willkommen!

Im Anschluss an die Veranstaltung sind wir geschlossen zur alten Synagoge gelaufen. Dorthin hatte ein muslimischer Mitarbeiter der Caritas zu einer Gedenkminute als Zeichen des Zusammenhaltes all unserer Glaubensgemeinschaften und in Gedenken an die Opfer geladen.
Spontan wurde nach der Schweigeminute das hebräische Lied: ‚Hevenu Shalom Alechem -Frieden für die ganze Welt‘ angestimmt.

Egal wie wir unseren Herrn nennen – Gott, Allah oder Adonai – wir sind alle seine Kinder.
Und wie unter allen Geschwistern gibt es hier und da Diskussionen und verschiedene Meinungen. Doch trotz dieser Unterschiedlichkeit halten Geschwister zusammen, stehen füreinander ein und passen aufeinander auf.
Dass sich unsere jüdischen Geschwister derzeit nur mit Polizeischutz sicher fühlen, dass eine Kette aus Polizisten vor den Toren der Synagoge zu dessen Schutz aufgestellt werden musste, dass alle Teilnehmer der friedlichen Veranstaltung durch dutzende Polizisten geschützt werden mussten. Das alles stimmt mehr als traurig und dies ist keine Zukunft, mit welcher sich auch nur einer von uns wohlfühlen sollte.

Es ist Zeit aufzustehen.

Es ist Zeit, dass wir als große Mehrheit unser Schweigen brechen, Flagge zeigen und Solidarität üben.
Als Nagelkreuzgemeinde, als Christen, aber auch einfach als Menschen haben wir diese Verantwortung.
Mir kam bei der Veranstaltung und auch beim Schreiben dieses Artikels eine Szene aus einem Harry Potter Buch bzw. dessen Verfilmung in den Sinn:
Das dunkle Mal am Himmel über dem Zauberschloss Hogwarts macht Angst und bedrückt. Die vorangegangenen Geschehnisse stimmen traurig, rauben einem die Luft zum Atmen. Doch dann heben, nach und nach, alle ihren Zauberstab an dessen Spitze ein Licht leuchtet und richten es gegen das Mal. Und so wird dieses durch all die Lichtpunkte, durch den Zusammenhalt des Guten, zerstört.
Wir mögen keine Zauberer sein, aber auch wir tragen ein hell leuchtendes Licht in uns.

Erich Kästner hat gesagt: „Man muss den rollenden Schneeball zertreten; die Lawine hält keiner mehr auf.

Also lassen Sie uns gemeinsam unser Licht nutzen und gegen die stärker werdende Dunkelheit einsetzen! Lassen Sie uns gemeinsam den Schnellball zertreten. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Kraft in uns tragen. Für uns, für die nachfolgenden Generationen, für eine Zukunft, in der Polizeischutz nicht mehr notwendig ist und sich alle Menschen sicher fühlen.

„Aber glaubt mir, dass man Glück und Zuversicht selbst in Zeiten der Dunkelheit zu finden vermag. Man darf bloß nicht vergessen ein Licht leuchten zu lassen.”
(Albus Dumbledore in: Harry Potter und der Gefangene von Askaban)

Lara Bachmann