Evangelische Kirchengemeinde
Essen-Altstadt

Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.

Prediger 3,1

Nun schleicht sie sich so langsam an: Die Sommerpause. Viele verreisen, manches in der Gemeinde wird pausieren, Sportvereine, Gruppen, viele Treffen werden für ein paar Wochen heruntergefahren. Auszeit könnte man sagen. Zeit, endlich mal all das zu erledigen, das sonst immer liegen bleibt. Zeit, endlich mal weniger Verpflichtungen und Termine im Kalender zu notieren. Auszeit vom Alltag, Zeit für Neues wie Eis essen, Sonne genießen, Ruhe mitnehmen.
So eine Auszeit kann aber auch ganz schön lang(weilig) werden. Manchen fehlt der feste Rhythmus, ein strukturierter Alltag, regelmäßige Termine oder Menschen zum Austauschen, auf die man dann manchmal wochenlang verzichten muss.

Manche tanken lieber Begegnungen als Sonne, lieber volle Tage als Pausen.



Für mich ist diese Sommerzeit immer eine „Maria und Marta – Zeit“. Die Geschichte um die beiden Schwestern aus Lk 10, die sich während Jesu Besuch kaum unterschiedlicher verhalten könnten. Während Marta ganz in ihrer Gastgeberinnenrolle Rolle aufzugehen scheint, sitzt Maria bei den Jüngern und hört Jesu zu. Doch irgendwann beschwert sich Marta, darüber alles allein zu machen: „Herr […] sage ihr doch, dass sie mir helfen soll! Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“ Oft bekommen die beiden Schwestern jeweils ihren Stempel aufgedrückt. Vom Nutzen und Vergeuden der ihnen geschenkten Zeit. Marta, die gute Gastgeberin oder die, die sich in ihrer Pflicht gar selbst verliert. Maria, die es sich leicht macht oder eben genau richtig, indem sie sich Zeit für Jesu Wort nimmt.

Vielleicht etwas kurz gedacht. Das griechische Wort περισπϖμαι für Martas „dienen“ im Text bedeutet auch: „zu allen Seiten gezerrt sein“. Es zeigt: Sie steht zwischen dem, was von ihr erwartet wird, durch eigene und äußere Haltungen und dem, was ihr vielleicht tatsächlich in diesem Moment gutgetan hätte. Darin finde ich mich wieder. Insbesondere in den Sommermonaten, die ich doch genießen soll. Das gute Wetter nutzen, Menschen treffen oder eben ruhen. All das machen, was man halt im Sommer so macht. Hauptsache froh sein, dass die Tage jetzt wieder länger werden und so viele Möglichkeiten da sind.

Hilft nur nichts, wenn ich eigentlich lieber einen Rhythmus hätte, wenn ich rausgehe, nur weil alle es tun, Menschen treffe, weil ich im Herbst wieder weniger Gelegenheiten bieten, obwohl ich gerade eigentlich viel zu müde bin. Das „gute Teil erwählen.“

Für mich bedeutet das so viel wie: tatsächlich auf sich hören. Aus der von mir erwarteten Rolle ausbrechen und sich nehmen, was mir guttut.



Diesen Mut wünsche mir und auch Ihnen für die kommenden Monate. Zu prüfen: Was ist gerade dran? Brauchen Sie Ruhe oder Action? Etwas dazwischen? Sich trauen, Termine abzusagen, wenn Sie doch nicht passen oder welche einzuschieben, wenn der Tag zu leer wird. Darüber zu sprechen, wenn die Pausenzeit gar nicht wohltuend ist, sondern einsam. Und stets zu schauen: Was ist heute MEIN gutes Teil?

Ich möchte mich mit dieser Andacht selbst in eine kleine „Pausenzeit“ verabschieden und freue mich, Sie nach dem Mutterschutz im Herbst wieder zu treffen.

IHRE PFARRERIN NATALIE GABISCH